Von wegen selbst und ständig

Manchmal sitzt der Mensch einem Irrtum auf der langfristige Konsequenzen haben kann.

Ich war immer der Meinung: Wer viel arbeitet, verdient viel und schafft es fertig zu werden.

Spätestens wenn wir in die Politik schauen wird klar – auch Menschen die nicht viel leisten müssen verdienen (zu) viel.

Meine durchschnittlichen Arbeitstage als Selbstständiger dauerten zwischen 12 und 16 Stunden am Tag. Immer im Gedanken, ich muss alles erledigt haben bevor ich Feierabend mache.

Das führt früher oder später zu einem Burnout, der Job hängt einem zum Hals heraus und auch das Leben ist nicht mehr lebenswert wenn sich alles nur um die Arbeit dreht.

Urlaub? Lange nicht so herzlich gelacht. Wie soll das gehen? Wer soll ich trotz Mitarbeiter um die Kundschaft und die unzähligen Aufgaben kümmern. Freie Tage sind da einfach nicht drin und im Urlaub wird mindestens 2-3 Stunden pro Tag gearbeitet. Mal ein paar Stunden tagsüber nicht erreichbar sein – unmöglich! Krank sein und nicht arbeiten? Eeeehm… Nö!

So lernte ich im letzten Jahr einen jungen Mann kennen, der mir (ob bewusst oder unbewusst sei dahingestellt) die Augen geöffnet hat.

Es entwickelte sich eine Freundschaft in der regelmäßig Ausflüge anstanden.

Einerseits wollte ich an den Ausflügen teilnehmen, andererseits trage ich Verantwortung für den Betrieb und die Umsätze.

Die ersten beiden Ausflüge waren schwierig, ständig mit der Angst verbunden es könnte im Betrieb etwas sein wo man mich dringend braucht.

Aber man gewöhnt sich daran loszulassen und nur noch intervallmäßig auf das Handy zu schauen.

Was soll ich sagen – der Ausgleich zum Job funktioniert. Die Erde hat sich 2019 trotz meiner vielen Abwesenheitstage weitergedreht. Die Kundschaft ist geblieben und hat bis auf zwei Ausnahmen so gut wie nicht mitbekommen dass ich weg war und keinerlei Serviceeinbußen oder ähnliches erlitten.

Der Umsatz verdoppelte sich nahezu im Vergleich zum Vorjahr, obwohl ich (gefühlt) weniger gearbeitet und viel mehr Freizeit für mich hatte.

Wie lässt sich dieses Phänomen erklären? Das ist relativ einfach.

Leistung ist nicht gleich Leistung.

Unsere Kunden bekommen immer 100% Leistung.

Doch wie beim Sport ist es so, dass wenn keine Energie da ist, auch keine Leistung erbracht werden kann. Sind also die Ruhephasen nicht ausreichend, benötige ich viel mehr Zeit um die Leistungen erbringen zu können – wie der Sportler der für den Lauf deutlich länger braucht wenn die Ernährung nicht stimmt.

Effizienz im Beruf fängt also bereits in der Freizeit und in den Pausen an. Denn nur in der Freizeit und den Pausen haben wir die Möglichkeit uns zu regenerieren, neue Kräfte, neuen Mut und Motivation zu schöpfen.

Ich erinnerte mich an einen US-Amerikanischen Bericht eines Unternehmens, das die 4-Tage Woche eingeführt hatte (bei der die Mitarbeiter weiterhin das Gehalt der 5 Tage erhalten) und dabei feststellte, dass Gewinne stiegen, die Mitarbeiter deutlich höhere Leistungen erbrachten und die 4 Tage betriebswirtschaftlich trotz der Auszahlung von 5 vollen Tagen deutlich besser ist.

Also – viel hilft nicht viel. Es muss ausgewogen sein.

Daher appelliere ich an alle Selbstständigen: Auch wenn ihr glaubt ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank, probiert es aus und gönnt Euch immer mal wieder einen freien Tag und auch Urlaub.

Seid darüber im Klaren dass die Lebenszeit kostbar ist und nicht wieder zurückkehren wird und dass Ruhephasen wichtig sind um Energie zu tanken.

Es wird schnell sichtbar werden, dass alles viel effizienter, entspannter und auch wirtschaftlicher läuft wenn man sich freie Zeit gönnt. Es ist daher kein Luxus sich frei zu nehmen, sondern zwingend notwendiges Werkzeug um dauerhaft erwerbsfähig und motiviert zu bleiben.

Auch die Kundschaft hat Verständnis wenn einmal im Jahr für 2-3 Wochen das Geschäft zu ist und vorher darüber informiert wurde (Tipp: Kooperiert mit anderen. So kann der eine die dringlichen Aufträge während einer längeren Abwesenheit abwickeln). Wenn trotz dessen die Kundschaft kein Verständnis hat – such Dir neue Kunden, es waren dann sowieso nicht die richtigen Kunden.

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